Leitbild

Unser wissenschaftliches Interesse gilt der Frage nach Handlungsspielräumen in Zeiten des Nationalsozialismus. CLIO trägt mit all seinen Aktivitäten dazu bei, Menschen sichtbar zu machen, die

  • sich gegen den Nationalsozialismus gestellt haben
  • den "anderen Weg" gegangen sind
  • für ihre Überzeugung eingestanden sind
  • an Österreich geglaubt haben, als es keines mehr gab
  • Menschen blieben, in einer unmenschlichen Zeit

Auch CLIO hat eine Geschichte und das seit 1995...

CLIO oder eine Muse wandert, betreibt Geschichtswissenschaft und Erinnerungsarbeit

In der griechischen Mythologie ist Clio eine der neun Musen. Sie und ihre Schwerstern sind Töchter des  Zeus und der Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung, wobei Clio die Kunst der Geschichtsschreibung überantwortet wurde.

In Graz ist CLIO ein Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit, der sich der Kunst der Geschichtsvermittlung sowie der Geschichtswissenschaft und der Erinnerungsarbeit verschrieben hat – und er tut es, wie Peter Lachnit dies im September 2008 in der Ö 1 Sendung „Dimensionen – Die Welt der Wissenschaft“ in einem Porträt über CLIO gemeint hat –, unter anderen indem man Geschichte erwandert und ihr sprichwörtlich nachgeht.

Das „Erwandern“ von lokaler Zeit- und Sozialgeschichte, das Gehen auf den Spuren der steirischen Partisanen, das Aufsuchen von Orten, an denen vor 100 Jahren und mehr sich jüdisches Leben in Graz konstituiert hat und andere Spurensuchen, standen am Anfang der von CLIO durchgeführten Veranstaltungen zu vergessener und verdrängter steirischer Zeitgeschichte. Mittlerweile sind zu den lokalen Spurensuchen in der Steiermark zahlreiche Ausstellungen, Symposien und Vortragsreihen zu zeithistorischen Themen sowie Bücher hinzugekommen.


Gegründet wurde CLIO im Jahr 1995 vom Schriftsteller Thomas Karny (Die Hatz. Bilder zur Mühlviertler „Hasenjagd“) und den Historikerinnen Margit Franz und Manuela Fritz und dem Historiker Heimo Halbrainer. Ziel war es, die verdrängte und von der institutionalisierten Geschichtsforschung nur marginal behandelte jüngere Geschichte der Steiermark wissenschaftlich aufzuarbeiten und über das akademische Feld hinaus öffentlich zu diskutieren.

Eine der ersten überregional wahrgenommenen Aktivitäten des Vereins war im Jänner 1998 in Graz eine Ausstellung in Erinnerung an den Grazer Architekten Herbert Eichholzer, dessen Geburts- und Todestag sich damals zum 95. bzw. 55. Mal jährten. Die in der Folge auch in Wien, Linz und Innsbruck gezeigte Ausstellung „Herbert Eichholzer 1903-1943. Architektur und Widerstand“ trug entscheidend dazu bei, dass dieser „vergessene“ Architekt ins öffentliche Gedächtnis seiner Heimatstadt Eingang gefunden hat.

 

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen der steirischen Zeitgeschichte führte dazu, dass CLIO 1998 einen Verlag gründete. In den letzten zwanzig Jahren sind über 80 Bücher zu Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Flucht und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung, Antisemitismus, NS-Herrschaft in der Steiermark, NS- und Kriegsverbrecherprozesse, Frauengeschichte und andere Themen mehr erschienen. In den wissenschaftlichen Reihen „CLIO Historische und gesellschaftspolitische Schriften“ und „Veröffentlichungen der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz“ werden die Ergebnisse von wissenschaftlichen Tagungen diskutiert und in einer im Jahr 2008 begonnenen Schriftenreihe werden Texte vergessener Autoren publiziert.

 

Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.

Christa Wolf, Kindheitsmuster, Romanbeginn, 1976; Der erste Satz ist ein Zitat aus William Faulkners Roman "Pylon" von 1935